"Berliner Erklärung" der SPD

I. Auf deutschem Boden ist eine demokratische Revolution im Gange. Nach der Politik der Umgestaltung in der Sowjetunion erkämpfen sich die Menschen in Polen, in Ungarn, in der ČSSR, in Bulgarien und in der DDR friedfertig und gewaltlos ihr Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung. Friedfertig und gewaltlos haben sie die Mauer überwunden, die Öffnung der Grenze erzwungen und die unnatürliche Trennung der Menschen beendet.

Damit rückt die Erfüllung eines sozialdemokratischen Traumes näher: Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört. In Deutschland und in Europa!

II. Wir haben die Zwangsvereinigung von SPD und KPD 1946 und die Opfer nicht vergessen, die viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten damals bringen mussten. Unvergessen ist der politische Kampf der SPD, Chancen zur deutschen Einheit zu suchen und zu nutzen: nach der Stalin-Note 1952, vor dem Eintritt der Bundesrepublik in die NATO und mit dem Deutschlandplan von 1959.

Wir haben die Mauer nach ihrem Bau 1961 in zähem Ringen Schritt für Schritt durchlässiger gemacht, Erleichterungen für die Menschen erreicht, den Zusammenhalt der Nation gewahrt und gestärkt und Berlin (West) durch das Vier-Mächte-Abkommen aus der Krisenanfälligkeit befreit.

Wir haben die Frage der Nation im Grundlagenvertrag verankert und mit dem Brief zur Deutschen Einheit Anspruch und Hoffnung gewahrt, "auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt".

An diesem Ziel halten wir fest.

III. Mutige Menschen in der DDR und in anderen Ländern Mittel- und Osteuropas haben die Türen von Deutschland nach Deutschland, von Europa nach Europa aufgemacht. Sie dürfen nie wieder geschlossen werden. Wir verdanken diese Entwicklung auch mutigen und weitsichtigen Politikern wie Willy Brandt und Michail Gorbatschow und unseren Freunden im Westen, die mit uns für Entspannung gearbeitet haben.

Wir können jetzt beginnen zu verwirklichen, was lange als Utopie erschien: Die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.

Die Einigung Europas und die Einigung der Deutschen sind miteinander eng verbunden. Das eine ist nicht auf Kosten des anderen zu erlangen. Wer von der Wiederherstellung des Reiches in den Grenzen von 1937 redet, wer einen deutschen Sonderweg befürwortet, der blockiert die Einheit Europas und die Einheit Deutschlands. Europäisches wie deutsches Interesse verlangt die Anerkennung der polnischen Westgrenze ohne Wenn und Aber.

Wir wollen ein solidarisches Europa, in dem Grenzen nicht mehr trennen. Ein Europa, in dem Kriege nicht mehr möglich sind, ein Europa ohne verfeindete Militärblöcke, ein Europa, das seine Kräfte nicht gegeneinander richtet, sondern auf die Bewältigung der großen Menschheitsaufgabe lenkt, nämlich auf die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und auf die Überwindung des Nord-Süd-Gefälles.

Wir wollen, dass die Deutschen im Herzen Europas in Frieden und gesicherter Freiheit leben können - unter gesellschaftlichen Bedingungen, in denen das Volk den Gang der Entwicklung bestimmt und die allen Menschen in Würde, Gerechtigkeit und Wohlstand und in einer gesunden Umwelt ermöglicht.

Wir wollen nicht zurück in das Zeitalter der Nationalstaaten, in dem diese Staaten um vermeintlicher nationaler Interessen willen in Europa blutige Kriege ausgetragen haben. Ein neuer Nationalismus der Deutschen würde weder die wirtschaftlichen Probleme der DDR noch die praktischen Aufgaben für beide Staaten lösen. Wir wollen nach vorn in ein geeintes Europa, in dem die Völker des Kontinents unter dem Schutz einer europäischen Friedensordnung den Reichtum ihrer Vielfalt erfahren können. Eine Wiederbelebung des Nationalismus, im Westen oder Osten, würde das gefährden. Was als Prozess der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit in Helsinki begonnen hat, weist den Weg in die Zukunft.

Die deutsche Sozialdemokratie hat in ihrer Geschichte stets die nationalen, die europäischen und die internationalen Perspektiven miteinander verknüpft. Die Vereinigten Staaten von Europa, seit 1925 in unserem Programm, können jetzt verwirklicht werden.

IV. Auf dem Wege zur europäischen und zur deutschen Einheit gilt es, die politische, wirtschaftliche, umwelt-, energie- und verkehrspolitische, die kulturelle und auch die abrüstungspolitische Zusammenarbeit zwischen den beiden deutschen Staaten immer enger und umfassender zu gestalten und ihr unverzüglich eine neue Qualität zu geben. Dies kann auf der Basis des Grundlagenvertrages in der Form einzelner Vereinbarungen, einer Vertragsgemeinschaft, einer Konföderation und schließlich auch in einer bundesstaatlichen Einheit geschehen. Formen und Tempo dieses Prozesses sind heute nicht im einzelnen zu bestimmen. Wir wollen unser Ziel nicht, gegen, sondern mit unseren Freunden und Partnern erreichen. Die Menschen in beiden Staaten werden entscheiden, wann welche Schritte zu gehen sind. Eine Konföderation der beiden Staaten wollen wir bald erreichen. Eine solche Konföderation ist die derzeit realisierbare Verfassungsordnung, die dem Wunsch der Menschen in beiden deutschen Teilstaaten nach Einheit institutionellen Ausdruck verleiht. Sie vermeidet die Gefahr der Majorisierung oder Bevormundung und ermöglicht es, den beiden souveränen Staaten in ihren Paktsystemen und Wirtschaftsgemeinschaften auf die Errichtung einer europäischen Friedensordnung und die Entstehung der Vereinigten Staaten von Europa hinzuwirken. Sie ist deshalb schon zu einem Zeitpunkt möglich, in dem die Bündnisse noch bestehen.

Ziel der Konföderation ist es, eine gemeinsame Politik und Gesetzgebung insbesondere auf den Gebieten der Wirtschaft, der Sozialpolitik, der Umwelt, des Verkehrs, der Energie, des Post- und Fernmeldewesens und der Kultur zu entwickeln und die dafür notwendigen paritätisch besetzten Kommissionen zu bilden. Sitz dieser konföderativen Organe soll Berlin sein. Wir in der Bundesrepublik Deutschland haben keinen Anlass zur Selbstgefälligkeit. Die Bundesrepublik ist als demokratischer Rechts- und Sozialstaat verfasst. Doch die Lebenswirklichkeit sieht in vielen Bereichen anders aus: Bei wachsendem Wohlstand der Mehrzahl nimmt die Zahl der Menschen zu, die im Schatten dieses Wohlstandes leben. Die ökologischen Defizite sind offenbar.

Deshalb bedürfen auch bei uns Staat und Gesellschaft der Erneuerung und grundlegender Reformen.

Die Deutschen in der DDR können sich auf unsere Solidarität verlassen. Sie entscheiden, mit welchem Ziel und auf welchem Weg sie ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben. Wie immer ihre Entscheidung ausfällt, wir werden sie respektieren. Die Deutschen in der DDR verwirklichen jetzt freie, unmittelbare und geheime Wahlen, eine freie Presse, unabhängige Rechtsprechung und unabhängige Gewerkschaften. Allein sie bestimmen über ihre Wirtschafts- und Eigentumsordnung. Es ist unser Wille und unsere Pflicht, sie dabei ohne Bevormundung politisch und wirtschaftlich zu unterstützen.

Wir sind uns bewusst, dass für die vielfältigen Lasten, die die Bürgerinnen und Bürger der DDR in der Nachkriegszeit im Unterschied zu uns getragen haben, ein deutsch-deutscher Lastenausgleich von der Bundesrepublik an die DDR erforderlich ist.

V. 1. Die SPD schlägt vor, dass beide deutsche Staaten ein Sofortprogramm vereinbaren. Ziel des Sofortprogramms ist es, Reformen und Reformer zu unterstützen und die werdende Demokratie wirtschaftlich abzusichern. Das soll den Menschen begründete Zuversicht geben, dass es für sie und ihre Kinder sinnvoll ist, in der DDR zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.

Wenn es nicht gelingt, drohende Engpässe und Einbrüche in wichtigen Versorgungsbereichen in der DDR in den nächsten Wochen und Monaten zu verhindern und die Lebenssituation zu verbessern, wird die Abwanderung aus der DDR sprunghaft zunehmen. Die vorhandenen personellen Engpässe würden massiv verstärkt und damit dem ökonomischen Reformprozess von vornherein die Grundlage entzogen. Daher sind unter Beteiligung von Bund, Ländern und Gemeinden kurzfristig wirksame Maßnahmen zur Behebung von Versorgungsengpässen notwendig, insbesondere:

• Lieferung von medizintechnischer Ausstattung in Zusammenarbeit mit den in der Bundesrepublik ansässigen Herstellern;

• Unterstützung der ärztlichen Betreuung in der DDR unter Beteiligung der karitativen Organisationen und Ärztekammern;

• Vorbereitung kurzfristiger zusätzlicher Stromeinspeisung angesichts der im Winter erwartbaren Energie- und insbesondere Stromengpässe sowie der akuten Probleme der Luftbelastung;

• Lieferung von Steinkohle für den Kraftwerksbetrieb und den Hausbrand, auch aus Beständen der Energieversorgungsunternehmen;

• Lieferung moderner Bautechnologien und Unterstützung beim Projektmanagement sowie bei der Einrichtung von Baustoffmärkten;

• Vermittlung der Kooperation von Reiseunternehmen mit Partnern der DDR unter Einbeziehung von Ferienheimen und Privatunterkünften sowie im Austausch von Urlaubs-und Ferienangeboten in Fremdenverkehrsregionen der Bundesrepublik;

• gemeinsame Maßnahmen zur Förderung des Sports für die Bürger beider deutscher Staaten.

Wirtschaftspolitisch sind folgende Sofortmaßnahmen einzuleiten:

• währungspolitische Zusammenarbeit sowohl im Außenhandelssektor als auch im Binnenverhältnis, um volkswirtschaftliche Nachteile aus unrealistischen Wechselkursen für beide Staaten zu vermeiden;

• Beginn des Ausbaus der Infrastruktur, insbesondere der Kommunikationsnetze, der umweltverträglichen Energieerzeugung, des Verkehrs, insbesondere auf der Schiene, und der Stadterneuerung und Erhaltung historischer Bausubstanz. Dazu sollen Projekte vereinbart werden, die von der Bundesrepublik finanziell und durch Lieferung von Maschinen und Material unterstützt werden. Dafür ist auch das Instrument des Überziehungskredits im innerdeutschen Handel (Swing) zu nutzen;

• Rahmenbedingungen für gemeinsame Unternehmen und private Investitionen in der DDR durch Unternehmen aus der Bundesrepublik Deutschland;

• gemeinsame Maßnahmen zur Förderung des deutsch-deutschen Luftverkehrs unter Einschluss Berlins.

2. Die neue Qualität des Zusammenlebens der Deutschen verlangt praktische Solidarität und soziale Gerechtigkeit. Es ist notwendig, eine deutsch-deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik zu entwickeln, um zu verhindern, dass die Sozialsysteme und die Arbeits- und Wohnungsmärkte in beiden deutschen Staaten beeinträchtigt werden. Die finanziell und sozial Schwächeren in unserer Gesellschaft verlangen nach sozialer Gerechtigkeit. Sie dürfen weder auf dem Wohnungs- noch auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden.

Die wiedergewonnene Freizügigkeit führt dazu, dass die Risiken in den Sozialsystemen beider Staaten nicht mehr getrennt kalkuliert werden können. Deshalb müssen die in der Bundesrepublik vor allem auf die Nachkriegssituation und die bisherige Unfreiheit in der DDR und in den osteuropäischen Staaten zugeschnittenen Gesetze überprüft werden. Wir sollten solche Regelungen überprüfen, die eine Abwanderung begünstigen. Gleiches gilt auch für die Regelungen über die Anerkennung von Rentenansprüchen. Dies ist wichtig für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in der DDR und liegt im Interesse der Menschen in beiden Staaten, die zu einer grenzüberschreitenden Solidargemeinschaft finden müssen.

3. Die SPD schlägt vor, eine Vertragsgemeinschaft mit mittelfristigen Zielen zu vereinbaren. Diese soll als Vorstufe zu einer Konföderation gemeinsame Gremien, Institutionen und Konferenzen vorsehen und sich insbesondere auf die Gebiete von Wirtschaft, Umwelt, Verkehr, Energie und Kultur sowie Wissenschaft und Technologie mit dem Ziel erstrecken, die Lebensverhältnisse in beiden deutschen Staaten anzugleichen.

Dazu gehören unter anderen:

• freie Wahl des Wohnsitzes zwischen beiden deutschen Staaten, mit einer Regelung der Staatsangehörigkeit, die jedem Deutschen die Möglichkeit einräumt, in jedem der beiden Staaten als Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten zu leben;

• Vorbereitung einer Währungsgemeinschaft;

• Neuordnung des Verhältnisses der DDR zur Europäischen Gemeinschaft;

• Aufhebung sämtlicher Handelsbeschränkungen im innerdeutschen Handel;

In diesem Zusammenhang setzen wir uns für die Aufhebung der COCOM-Liste ein.

4. Die Größe der Aufgabe verlangt auch neue Ansätze zur Senkung des Rüstungsetats. Wir wollen die Modernisierung der östlichen und unserer Volkswirtschaften statt der Modernisierung der Waffen. Wir wollen sozialen Wohnungsbau und Modernisierung der Wohnungen in der DDR statt neuer Kasernen. Wir wollen Milliarden für neue Verkehrsverbindungen zwischen Ost und West statt neuer Militärflugplätze. Wir wollen, dass junge Menschen beim Wiederaufbau helfen können, statt einen zu langen Wehrdienst zu leisten. Auch wir im Westen müssen neu denken lernen.

Dementsprechend müssen beide deutsche Staaten gemeinsam Initiativen zur Beschleunigung der Abrüstung ergreifen. Dazu gehören Vorschläge

• für die zweite Phase der Wiener Verhandlungen mit dem Ziel struktureller Angriffsunfähigkeit;

• für den Abbau aller auf ihrem Boden befindlichen Massenvernichtungswaffen, insbesondere aller nuklearen Kurzstrecken- und Gefechtsfeldwaffen;

• für eine fühlbare Senkung der Rüstungsausgaben.

VI. Berlin wird jetzt seine Rolle als deutsche und europäische Metropole in neuer Weise ausfüllen, auch als Sitz europäischer Institutionen und als Stätte internationaler Begegnungen, wie der Olympischen Spiele. Die Bürgerinnen und Bürger von Berlin (Ost) werden ihr Wahlrecht als urdemokratisches Recht durchsetzen. Berlin (West) darf kein Reservat mit eingeschränktem Wahlrecht bleiben. Die Bürgerinnen und Bürger von Berlin (West) müssen das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag und zum Europäischen Parlament erhalten.

Berlin (West) braucht eine wirksame Unterstützung durch die Bundesregierung, um die besonderen Belastungen zu bewältigen, die durch die Freizügigkeit auf die Stadt zugekommen sind und um die Möglichkeiten zu nutzen, die Region Berlin mit ihrem Umfeld wirtschaftlich zu entwickeln und für die Menschen erlebbar zu machen. Berlin soll Sitz der konföderativen Organe sein.

VII. Besorgnisse, die Bundesrepublik Deutschland könnte sich jetzt vom Westen abwenden, sind unbegründet. Wir wissen: Die EG hat eine Schlüsselrolle im Prozess der gesamteuropäischen Integration. Sie dient der Überwindung der Nationalstaaten durch europäische Zusammenarbeit. Nur eine starke europäische Gemeinschaft kann einen starken Beitrag zum Aufbau Europas leisten. Wir wollen deshalb auch künftig dazu beitragen, dass sich die EG zu einer demokratischen und sozialen Union entwickelt und zu einer gefestigten Basis einer immer engeren gesamteuropäischen Zusammenarbeit wird.

Zu diesem Zweck muss sie sich für die Kooperation mit allen europäischen Staaten, insbesondere auch mit den Staaten Osteuropas und des östlichen Mitteleuropas noch weiter öffnen. Dazu vereinbaren EG und EFTA einen gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialraum, in dem Kooperation auf allen Feldern der Gemeinschaftspolitik mit Ausnahme der Außen- und Agrarpolitik verwirklicht wird. Dazu schafft die EG die Möglichkeit einer besonderen EG-Assoziierung für die reformierten Staaten Osteuropas. Dazu strebt die EG gesamteuropäische Institutionen und Vereinbarungen mit den verschiedenen Teilen Europas (EG-Assoziierte, EFTA, Sowjetunion) im Bereich Umwelt-, Energie- und Abrüstungspolitik an. Die Möglichkeit für alle demokratischen Staaten, der EG beizutreten - wie in den Römischen Verträgen vorgesehen - gewinnt an Bedeutung und eröffnet die Chance, sie zu einer neuen gesamteuropäischen Gemeinschaft zu entwickeln.

Wir wünschen und erhoffen von unseren Partnern in der EG und den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada, dass sie die Demokratisierungsprozesse in Osteuropa durch einen umfassenden Entwicklungsplan für die politische, ökonomische und ökologische Erneuerung Osteuropas, einschließlich der Sowjetunion, wirksam und schnell unterstützen.

Dazu zählen der Abbau von Handelsbeschränkungen, ein europäischer Kapitalfonds zur Finanzierung von privaten und öffentlichen Investitionen, die der Modernisierung von Betrieben, der Durchführung von Umweltschutzmaßnahmen wie auch einer wissenschaftlichen Kooperation dienen.

VIII. Wer den Prozess der deutschen Einigung voranbringen will, muss die Interessen der Großmächte und der europäischen Nachbarn berücksichtigen. Aus dieser Erkenntnis heraus haben wir auf den Helsinki-Prozess gedrängt. Die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, an der 33 europäische Staaten, die USA und Kanada teilnehmen, wird eine europäische Friedensordnung schaffen, in die auch das Zusammenleben der Deutschen eingebunden ist. Spätestens dann sollen die verbliebenen Vorbehaltsrechte der Vier Mächte entfallen. Die Helsinki-Konferenz hat den Weg zu Vertrauen und Abrüstung geebnet. Ihre Prinzipien sollten völkerrechtlich verbindlich werden. Sie muss sich eigene Institutionen schaffen, z. B. für den Umweltschutz und eine Sicherheitsbehörde, die zur Kontrolle der Wiener Abrüstungsvereinbarungen beiträgt. Die SPD unterstützt eine Gipfelkonferenz der 35 Staaten im Jahre 1990, um die dann vorliegenden Ergebnisse der Abrüstung in Kraft zu setzen.

Unmittelbar nach dem ersten Wiener Abrüstungsabkommen sollten weitere Verhandlungen mit dem Ziel vereinbart werden, die Streitkräfte um mindestens 50 Prozent zu reduzieren und strukturelle, verlässlich kontrollierbare Angriffsunfähigkeit zu erreichen. Die bestehenden Bündnisse können dann durch ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem ersetzt werden. Unser Ziel ist es, die Militärbündnisse durch eine europäische Friedensordnung abzulösen.

[18. Dezember 1989 verabschiedete auf ihrem Bundesparteitag in Berlin]

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