40 000 Mitglieder vereint die ÖTV in Rostock

Der Hafen ist ein Standbein

Fragen an Monika Wulf-Mathies, ÖTV-Bundesvorsitzende

• Alltag nach der Einheit. Sind die neuen Mitglieder mit der neuen Gewerkschaft zufrieden?

Wenn die ÖTV in Rostock inzwischen fast 40 000 Mitglieder vereint, ist dies wohl Beleg dafür, dass man unsere ÖTV als starke, durchsetzungsfähige Gewerkschaft ansieht. Erfolgreich waren die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die Rostocker Kollegen haben uns mit ihren Warnstreiks dabei aktiv unterstützt und selbst gesehen, dass man gemeinsam viele Interessen durchsetzen kann. Die Eröffnung einer ÖTV-Kreisgeschäftsstelle hier in Rostock kann folglich nur Fortsetzung dieser Arbeit sein.

• Welche Bedeutung misst eure ÖTV dem Standort Rostock bei?

Diese Hansestadt hat alte Gewerkschaftstraditionen. Bedeutend ist der Hafen, er bleibt für uns Schwerpunkt in der Wettbewerbslage der Schifffahrt. Wir fördern Zusammenarbeit, sind aber dagegen, dass jeder für sich sein Schäfchen ins trockne bringt und die neuen Bundesländer auf der Strecke bleiben. Kurzum wir wollen Arbeitsplätze erhalten, gute Arbeitsbedingungen schaffen, und Rostock soll ein starker Gewerkschaftsstandort werden.

• Welche Aufgaben packt Ihr jetzt als nächstes an?

Schon einen Tag nach der staatlichen Einheit, also gleich am 4. Oktober, begannen wir in einer weiteren Runde über die Angleichung der Lohn und Gehaltsstrukturen der neuen Länder zu verhandeln. Diese zweite Tarifrunde ist sozusagen Abschluss der Benachteiligung, wie sie hier durch Währungsumstellung und höhere Versicherungsbeiträge erfolgte, und sie wird stärker auf Qualifizierung orientieren. Wir meinen, dass qualifizieren besser ist, als Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Übrigens ist die ÖTV inzwischen in der Bonner Clearing-Stelle mit vertreten. Eine Einrichtung, die Bund und Länder für öffentliche Dienste eingerichtet haben, Qualifizierungsmöglichkeiten schaffen will und Finanzmittel für Infrastrukturen bereitstellt.

• In dem Zusammenhang als letzte Frage: In Rostock sind viele Transportbetriebe sowie Polikliniken zu Hause. Ihre Strukturen sind ungeklärt bzw. zu wenig der Basis bekannt. Folglich sorgen sich Kollegen dieser Zweige um die Arbeitsplätze, sie erwarten etwas von der ÖTV. Habt ihr ein Ohr für deren Erwartungen?

Wir werden uns auch ihrer Probleme annehmen. Könnten doch die Polikliniken vorteilhafte Strukturen auch für die bisherige BRD sein, überhaupt sind sie wichtiger Teil des Gesundheitsschutzes. Und den kann man doch nicht den privatörtlichen Praxen allein überlassen. Was den Transport betrifft, da sind wir als ÖTV für eine vernünftige Arbeitsteilung zwischen den deutschen Häfen. Sicherlich können wir nicht alle Arbeitsplätze halten, deshalb sind Umschulung und Fortbildung um so wichtiger in diesem Bereich.

Die Fragen stellte
Günther Schröder

Tribüne, Di. 09.10.1990

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