Satzungsentwurf einer unabhängigen Gewerkschaftsbewegung (UGB)
Wie am 20. 12. in unserer Versammlung beschlossen, stellen wir den ENTWURF einer SATZUNG zur Diskussion, den ca. 15 Kollegen erarbeitet haben. Weil sich so ein Papier schlecht "auf Zuruf" überarbeiten lässt, bitten wir, Vorschläge, Kritik usw. schriftlich abzugeben oder an H(...), (...)str. 31 zu senden.
I.
Diese Satzung stellt die Grundlage einer UNABHÄNGIGEN GEWERKSCHAFTSBEWEGUNG (UGB) dar. Mit ihrem Namen soll hervorgehoben werden, dass es sich um einen Prozess gewerkschaftlicher Neuformierung handelt, der von den Werktätigen in den Betrieben und Einrichtungen begonnen und zu jeder Zeit auch getragen werden muss.
Inhalt und Form dieser Gewerkschaftsbewegung sind veränderlich. Sie können von den Mitgliedern selbst bestimmt werden, die ihre Erfahrungen aus der praktischen Arbeit einbringen. Die unabhängige Gewerkschaftsbewegung ist also kein Haus, in das man einziehen kann, sondern ein Handlungsangebot. Eine wirkliche, von den Mitgliedern ausgehende Bewegung ist kampfstärker als jeder Gewerkschaftsapparat, der bald wieder abgehoben von den Interessen seiner Mitglieder existiert und seine eigenen Zwecke in den Vordergrund stellt. Wir brauchen dagegen ein große Kraft der Werktätigen, um den negativen Folgen der künftigen Wirtschaftsentwicklung wirkungsvoll begegnen zu können.
II.
Die unabhängige Gewerkschaftsbewegung vereint in sich alle Basis Gruppen, Betriebskomitees, Komitees auf territorialer Ebene und solche, die aus funktionalen oder inhaltlichen Zusammenhängen entstehen sowie das Nationalkomitee.
Die Gruppen und Gremien handeln nach den folgenden GRUNDSÄTZEN:
- Ihre gesamte Arbeit ist nur den eigenen Prinzipien und damit ausschließlich den Interessen derjenigen verpflichtet, die von der Lenkung und Leitung gesellschaftlicher Prozesse ausgeschlossen sind.
- Die Interessen der Mehrheit des Volkes stehen in einem objektiven Gegensatz zu denen von Personen und Gruppen, die die Wirtschaft und den Staat leiten, solange diese Leitung nicht durch die Werktätigen selbst ausgeübt wird.
- Die Ausrichtung der Wirtschaft auf maximale Gewinne steht der Persönlichkeitsentwicklung der Werktätigen, der dazu nötigen kürzeren Arbeitszeit, besserer Entlohnung und sozialer Sicherheit entgegen.
- Ein höherer Anteil am gesellschaftlichen Gesamtprodukt wird den Werktätigen nicht freiwillig überlassen, sie müssen sich bessere Arbeits- und Lebensbedingungen erkämpfen.
- Die gegenwärtige Entwicklung zu einer europäischen Wirtschaftseinheit liegt im Interesse des Kapitals. Die Solidarität mit allen Arbeitenden Europas und der ganzen Welt ist daher oberstes Prinzip und muss mit aller Kraft vorangebracht werden.
- Der Zusammenhalt zwischen den Mitgliedern der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung, besonders die Solidarität mit den sozial Schwächeren, stellt unsere eigentliche Stärke dar. Nur mit vereinter Kraft haben wir Staat und Unternehmern etwas entgegenzusetzen.
- Zugleich muss eine unabhängige Gewerkschaftsbewegung stets die Möglichkeit bieten, die Vielfalt und Verschiedenheit der Interessen ihrer Mitglieder zur Geltung zu bringen.
- Der organisatorische Aufbau erfolgt nach dem Prinzip, keinen Funktionärsapparat zu installieren, sondern eine lebendige Struktur zu schaffen, die von den Mitgliedern selbst getragen wird.
III.
Die in der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung vereinten Werktätigen stellen sich folgende ZIELE:
- Sie streben eine Gesellschaft an, in der die Produktion in erster Linie der Befriedigung und Weiterentwicklung der Bedürfnisse aller daran beteiligten dient.
- Die Mitbestimmung der Werktätigen darüber, wie, was und warum produziert wird, muss auf allen Ebenen erkämpft werden. Ohne die Zustimmung der Gewerkschaftsmitglieder dürfen politische und wirtschaftliche Maßnahmen, die entscheidend in ihr Leben eingreifen, nicht in Kraft treten.
- Die gesellschaftliche, vor allem die wirtschaftliche Entwicklung darf nicht zu Lasten der Werktätigen gehen, d.h. Verschlechterungen, aber auch ausbleibende Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen müssen verhindert werden.
IV.
MITGLIED der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung kann nur werden, wer deren Grundsätze und Ziele vertritt.
Die Mitgliedschaft ist freiwillig und kann unabhängig von Weltanschauung, Religion, Nationalität, Staatszugehörigkeit, Alter und Geschlecht von Personen erworben werden, die im Wirkungsbereich der UGB arbeiten.
Personen, die wirtschafts- und staatsleitende Funktionen ausüben, können nicht Mitglied werden. Die Basiskomitees in Betrieben und Einrichtungen entscheiden die Mitgliedschaft auf dieser Grundlage. Im Zweifelsfalle ist eine Einigung auf überbetrieblicher Ebene anzustreben.
Sonstige Personen, die einer der UGB wesensfremden oder verfassungsfeindlichen Organisation angehören oder solchen Tätigkeiten nachgehen, können ebenfalls nicht Mitglied werden.
Bei zeitweiligen Unterbrechungen bzw. Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess kann ruhende Mitgliedschaft vereinbart werden.
V.
AUFBAU UND STRUKTUR der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung sich auf Basisgruppen in Betrieben und Einrichtungen, deren sämtlich gewählte Vertreter in diesen verankert bleiben und damit nicht als hauptamtliche Funktionäre tätig sind.
BASISGRUPPEN sollten überschaubar und effektiv arbeitsfähig sein. Sie könne sowohl dem Produktionszusammenhang bzw. der Abteilungsstruktur folgen als auch einen berufspezifischen Charakter tragen. Über Größe und betriebliche Struktur entscheiden die Mitglieder selbst.
Die Basisgruppen wählen Vertreter in ein BETRIEBSKOMITEE. Dieses Betriebskomitee vertritt die Interessen der Kollegen gegenüber den staatlichen Leitern bzw. Unternehmern. Es ist berechtigt u.a. über Lohn- und Gehaltsfragen, Arbeitszeit- bzw. Urlaubsregelungen sowie Sozialleistungen zu verhandeln sofern sie auf Betriebsebene geregelt werden. Die Verhandlungsergebnisse zwischen Betriebskomitee und Leitung/Unternehmer sind den Gewerkschaftsmitgliedern zur Abstimmung vorzulegen und gelten bei Zweidrittelmehrheit als angenommen.
Die Betriebskomitees rufen nach Abstimmung in den Basisgruppen den Streik aus.
Für die Dauer von Verhandlungen mit der Betriebsleitung oder für ähnliche Aufgaben können die Vertreter in den Betriebskomitees kurzzeitig von der Arbeit freigestellt werden. Das Betriebskomitee ist berechtigt, technische Mittel für seine Arbeit und befristet auch technische Kräfte auf Kosten der Gewerkschaft in Anspruch zu nehmen. Die Vertreter sind den Basisgruppen rechenschaftspflichtig.
Die Basisgruppen bestimmen den jeweiligen Gegebenheiten entsprechende Modalitäten, nach denen sie ÜBERBETRIEBLICHE INTERESSENVERTRETER aus ihren Reihen z.B. auf territorialer Ebene zur lokalen Interessenvertretung wählen. Diese Gremien können auf Kreis- und/oder Bezirksebene, Stadt- bzw. Stadtteilebene usw. je nach praktischem Bedarf und in Anpassung an die sich vollziehenden bzw. zu erwartenden Veränderungen gegründet werden. Basisgruppen, die nach berufsspezifischen Kriterien gegründet wurden, können sich auf gleicher Weise überbetrieblich organisieren.
Den Kreis-, Bezirks- bzw. berufsspezifischen Komitees steht ein ausschließlich technischer Apparat zur Verfügung, der von der Gewerkschaft finanziert wird (etwa ab 10 000 zu vertretende Mitglieder). Die Komitees können die Hilfe von Experten in Anspruch nehmen und stellen technische Mitarbeiter für Gewerkschaftsbüros ein, die inhaltliche und organisatorische Voraussetzungen für die Arbeit schaffen, jedoch keine Entscheidungskompetenz besitzen. Sie sind Angestellte der Gewerkschaft.
Die überbetrieblichen Komitees vertreten die Interessen der Gewerkschaftsmitglieder auf der jeweiligen territorialen Ebene. Sie nehmen hier Einfluss auf Strukturveränderungen, Verkehr, Umweltfragen, Investitionen usw. Sofern auf den entsprechenden territorialen Ebenen Tarifverhandlungen stattfinden, haben sie diese mit den betreffenden wirtschaftsleitenden Organen zu führen. Die überbetrieblichen Komitees können ständige oder zeitweilige Ausschüsse zur Erledigung bestimmter Aufgaben bilden. Sie sind verpflichtet, die arbeitsrechtliche Vertretung der Gewerkschaftsmitglieder abzusichern.
Diese Komitees treten nach Bedarf zusammen. Ihre Mitglieder werden dazu sowie für entsprechende die Vorbereitung darauf sowie für andere wichtige Tätigkeiten in der Gewerkschaft von der Arbeit freigestellt. Über Art und Umfang dieser Freistellung entscheiden die entsendenden Basisgruppen, denen ihre Delegierten rechenschaftspflichtig sind.
Das NATIONALKOMITEE wird ebenfalls aus Kollegen der Basisgruppen gebildet, die sich in betrieblicher oder überbetrieblicher Gewerkschaftsarbeit bewährt haben, als Mitglieder des Nationalkomitees aber keinem weiteren Gremium angehören. Zwischen ihnen und den Komitees ihrer Betriebe und ihres Territoriums muss ein optimaler Informationsfluss gewährleistet sein.
Über Größe und Zusammensetzung des Nationalkomitees entscheidet der Gründungskongress bzw. die 3-jährlich stattfindende Landeskongresse. Es tagt nach Bedarf, jedoch mindestens alle 3 Monate.
Das Nationalkomitee verfügt über ein Gewerkschaftsbüro, dessen Mitarbeiter inhaltliche und organisatorische Vorarbeiten zu leisten haben, jedoch keine eigene Entscheidungskompetenz besitzen.
VI.
Jedes Gewerkschaftsmitglied ist berechtigt, sich auf allen Ebenen zur WAHL zu stellen, Kandidaten vorzuschlagen und an allen Wahlen teilzunehmen. Wahlen erfolgen aller zwei Jahre direkt und geheim. Als gewählt gilt ein Kandidat, der die absolute Mehrheit der Wähler erhält. Wird dies nicht erreicht, ist eine Stichwahl der beiden aussichtsreichsten Kandidaten nötig, in der die einfache Mehrheit ausreicht.
Die Vertreter der Bezirkskomitees legen auf einer gemeinsamen Tagung den Schlüssel für die Wahl des Nationalkomitees fest, dessen Mitglieder in dem Bezirk, der sie aufstellt, gewählt werden.
Die Vertreter auf allen Ebenen sind jederzeit abwählbar. Dazu ist die einfache Mehrheit der jeweils entsendenden Basiseinheit ausreichend. Ein Misstrauensantrag kann durch mindestens zehn Prozent der Mitglieder der entsendenden Basiseinheit gestellt werden.
REVISIONSKOMMISSIONEN sind für alle Gremien zu wählen. Sie haben ausschließlich Kontrollfunktion in Finanz- u.a. allen Fragen.
VII.
Um ihre Unabhängigkeit zu wahren, soll die UGB ihre FINANZIELLEN MITTEL selbst aufbringen. Die dazu erforderliche Beitragshöhe liegt bei zwei Prozent des Nettogehaltes der Mitglieder.
Mit diesen Einnahmen werden die Gewerkschaftsbüros, Freistellungen von gewählten Vertretern sowie eine Streikkasse finanziert.
Die Mitgliedsbeiträge werden auf Betriebsebene verwaltet. Entscheidungen über die Verwendung und über den Anteil für überbetriebliche Gremien wird von unten nach oben nach erfolgter Abrechnung des 2-Jahres-Haushalts an Hand der Finanzplanvorschläge für die kommende Wahlperiode entschieden.