Power mit "Wir für uns"

Betriebsleiter, die über Nacht zu Unternehmern wurden, wollen Lehrlinge nicht übernehmen. Stellen werden gestrichen. Rechte beschnitten, Rotstiftpolitik wird gegenüber sozial Schwachen betrieben. Wer ist für sie Ansprechpartner, wer kann ihre Rechte verteidigen, ihre Interessen durchsetzen? Eine Jugendorganisation hat Jugendliche in diesem Lande vereinnahmt, sich nicht wirklich um sie gekümmert. Jugendarbeit der Gewerkschaften war nur ein Feigenblatt. Junge Kolleginnen und Kollegen wurden nur für eine "saubere" Statistik benutzt.

Seit Dezember 1989 gibt es die "Initiativgruppe Gewerkschaftsjugend" ein unabhängiges Bündnis junger Kolleginnen und Kollegen aus Berliner Betrieben. Mit viel Engagement haben sie es geschafft, dass der Außerordentliche Gewerkschaftskongress einen Satzungsantrag zur Gewerkschaftsjugend annahm. Zur Begründung betonte die Initiativgruppe, dass die Jugend nicht am Rand der Umgestaltung in den Gewerkschaften stehen darf. Junge Mitglieder müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Interessen in den Industriegewerkschaften und Gewerkschaften sowie im Dachverband selbst zu artikulieren und durch zusetzen. Ein Sozialpaket hat die Gewerkschaftsjugend dem Runden Tisch der Jugend vorgelegt. Darin wird eine Übernahmepflicht für Lehrlinge, höheres Lehrlingsentgeld, bessere Ausbildungsbedingungen, Kündigungsschutz und vieles mehr verlangt.

Die "Initiativgruppe Gewerkschaftsjugend" fordert: Junge Leute sollen sich basisdemokratisch in Lehrlings- oder Jugendräten zusammenschließen und mit Unterstützung der Gewerkschaften um ihre Interessen kämpfen. Gewerkschaftsjugend bedeutet aber nicht nur betriebliche Interessenvertretung, sondern auch Angebote für die Freizeit, Bildungsurlaub und Hilfe für bestimmte Probleme Jugendlicher in der Gesellschaft.

Gewerkschaftliche Jugendarbeit soll Spaß machen, sie muss Möglichkeiten für ein selbstbestimmt Engagement bieten, Raum für jede Eigeninitiative geben. "Wir für uns" heißt das Motto der Gewerkschaftsjugend, denn wir sind die Zukunft der Organisation.

Ingolf Kern,
Sprecher der Initiativgruppe Gewerkschaftsjugend

Tribüne, Fr. 30.03.1990

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