Für eine selbstbewusste Jugend

Jugendpolitisches Aktionsprogramm der PDS

Jugendliche sind auf der Suche nach einer Perspektive. Sie haben die Wende mit erzwungen, brechen mit alten Werten und brauchen neuen Halt. Radikaler Veränderungsdrang und politische Abstinenz sind Formen jugendlichen Protestes Die alte Jugendpolitik ist gescheitert. Die SED und insbesondere ihre Führung hat der Jugend nicht wirklich vertraut. Ihre Interessen mussten sich parteipolitischen Zielen unterordnen. An Ideen fehlte es jungen Leuten auch früher nicht. Doch zentral verordnete Aufgaben lähmten bei vielen jegliche Initiative.

Die Jugendpolitik der PDS ist neu und noch auf der Suche. Jugendliche sollen für sich selbst politische und moralische Verantwortung übernehmen. Eine humane Zukunft auf einer Erde ohne Angst, Hass und Gewalt verlangt, dass junge Leute aktiv sind, im eigenen Interesse. Von den eigenen Interessen ausgehendes Handeln braucht Anhaltspunkte und Spielraum, also keine Bevormundung. Wir wollen jungen Menschen eine moderne Weltsicht anbieten, ohne sie geistig zu vereinnahmen.

Soziale Aktivität; Solidarität, Gemeinschaftssinn und Verantwortung, Dialogbereitschaft und Leistungswillen, Urteilskraft und Entscheidungsfreude erwachsen nicht aus ideologischer Ausrichtung, sondern aus wertvollen Sozialbeziehungen und hoher politischer Kultur. Jugendliche sollen sich phantasievoll und kreativ aus eigenem Willen an Gesellschaftsentwürfen beteiligen können.

Wir setzen uns für eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft ein, indem wir die vielfältigen, differenzierten Bedürfnisse, Interessen, Talente und Neigungen der Kinder und jugendlichen anerkennen und nutzen Interessen bedürfen differenzierter demokratischer Austragungsformen Nur so können junge Menschen Widersprüche und Konflikte gewaltfrei und demokratisch bewältigen.

Eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft setzt solidarische Generationsbeziehungen voraus. In einer Verantwortungsgemeinschaft können Junge und Ältere ihr Anderssein akzeptieren und zum gegenseitigen Vorteil nutzen.

Die Jugend muss zum Subjekt gesellschaftlicher Veränderungen werden!

Dafür setzen wir uns ein. Neue Jugendpolitik geht aus von den Rechten auf

- Förderung der Individualität,

- politische Selbst- und Mitbestimmung,

- Arbeit und Bildung

- Freizeit, Reisen und Erholung,

- Leben in Frieden und gesunder Umwelt.

Über diese Rechte wollen wir einen gesellschaftlichen Konsens erreichen. Sie müssen in alle Reformen und Gesetze eingehen sowie die staatliche Jugendpolitik bestimmen. Wir fordern die Regierung auf, ein neues Jugendgesetz auszuarbeiten, für alle verbindlich und durchsetzbar.

Was ist zu tun?

Die Grundrechte der Jugend sind in Gefahr und bereits erheblich beschnitten. Dagegen müssen sich junge Leute wehren, indem sie sich selbst vertreten.

Wir treten ein für die politische Selbst- und Mitbestimmung der Jugend

- Junge Politik braucht rechtliche Garantien, personelle Stützen, Raume, Geld und Öffentlichkeit.

Wir streiten für ein neues Parteien- und Vereinigungsgesetz, in dem die Belange der demokratischen Kinderbewegung und Jugendbewegungen, der selbständigen Verbände und autonomen Interessengruppen gewahrt werden.

- Wir sind für parlamentarische und außerparlamentarische Interessenvertretung der Jugend durch Jugendliche Räte für junge Werktätige, Lehrlinge, Studenten, Schüler und Soldaten sind notwendige Gremien der Interessenvertretung Deshalb muss ihre Arbeit gesetzlich geregelt werden Es geht nicht nur um eine beratende Funktion, sondern vor allem um Entscheidungsrechte.

- Wir verlangen, die UNO-Konvention über die Rechte der Kinder zu ratifizieren und plädieren für eine parteienunabhängige Kinderbewegung mit humanistischem Anspruch. Kinder dürfen nicht zum Objekt des Parteienstreites werden.

Wir treten ein für eine humanistische Bildung für Menschen mit individuellem Profil

- Wir fordern vom Staat, den freien Zugang zu allen Bildungsmöglichkeiten zu garantieren und zu finanzieren Chancengleichheit in den Ausgangsbedingungen und über alle Stufen des Bildungsweges muss verteidigt werden!

- Unsere Schulen sollen nicht nivellieren, sondern differenziert und flexibel sein. Darunter verstehen wir:

Die Zehnklassenschule muss erhalten bleiben;

Eltern, Schüler, Lehrer können über den Schulabschluss nach der 8. Klasse entscheiden,

differenzierte Wege fuhren zum Abitur, beginnend nach dem 8. Schuljahr, jeder kann sich ohne Einschränkung für die Abiturstufe bewerben.

- Schüler, Lehrlinge und Studenten haben ein Wort mitzureden. Sie brauchen Sitz und Stimme im Pädagogischen Rat, in wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Räten an Hochschulen, in der Leitung des Lehrlingswohnheimes - überall, wo es um die Belange ihrer Bildung und Erziehung, um ihre Arbeits- und Lebensbedingungen geht.

- Wir setzen uns dafür ein, dass sich ein Studium auch künftig lohnt. Die Studienzulassung sollte wesentlich erweitert werden. Zugleich wenden wir uns gegen eine neue strukturelle Arbeitslosigkeit künftiger Akademiker. Das verlangt, den gesamten Studiengang und die Ausbildungsdisziplinen entsprechend dem volkswirtschaftlichen Bedarf flexibel zu gestalten. Weitgehende Individualisierung und Internationalisierung des Studiums fördern den Leistungsanspruch. Solidarisches Zusammenwirken und organisierte Aktionen von Studenten für ihre Rechte halten wir für unverzichtbar.

- Stipendien, Lehrlingsentgelte und Schülerbeihilfen müssen staatlich garantiert und erhöht werden.

Wir fordern das Recht auf Arbeit in sozialer Sicherheit

- Marktwirtschaftlicher Umbau birgt die Gefahr der Jugendarbeitslosigkeit. Existenzangst lähmt, Arbeitslosigkeit ist vergeudete Lebenszeit. Schon jetzt suchen Tausende Arbeit.

Wir fordern:

Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsprogramme;

die Übernahme der Lehrlinge nach ihrer Ausbildung;

weitere Ausgestaltung des gesetzlichen Kündigungsschutzes für junge Mütter und Väter, Alleinerziehende, Behinderte;

den Wiedereinsatz junger arbeitsloser Hoch- und Fachschulabsolventen;

Wegfall von Einschränkungen in der Berufswahl, Berufsausübung und in den Qualifizierungsmöglichkeiten für Homosexuelle;

- Ausbildung und Leistung sollen über Einsatz und Einkommen entscheiden. Wir sind für eine demokratische Personalpolitik, unabhängig von Weltanschauung und politischer Bindung.

- Wohnung, Kleidung, gesunde Ernährung und Kindereinrichtungen müssen für junge Leute erschwinglich bleiben. Wir wenden uns gegen Rotstiftpolitik und Willkürakte.

- Wir befürworten flexible Arbeitszeitregelungen, die jungen Familien, Lebensgemeinschaften und Alleinerziehenden mehr Zeit für Kinder und individuelle Lebensstile einräumen, ohne berufliche Chancen zu mindern.

- Wir sind für die rechtliche Gleichstellung aller Formen des Zusammenlebens - Ehe, hetero- und homosexuelle Lebens- und Wohngemeinschaften.

- Wir sind dafür, das Babyjahr beizubehalten. Wer es wann in Anspruch nimmt oder erkrankte Kinder pflegt, sollen Partner und Erziehende gemeinsam mit Verwandten entscheiden.

Wir treten ein für das Recht auf Freizeit, Reisen und Erholung

- Wir appellieren an die Vernunft - stoppt den Ausverkauf von Jugendeinrichtungen!

Jugendklubs, Jugendklubhäuser, -herbergen und -hotels, Pionierhäuser und Ferienlager dürfen nicht dem Kommerz weichen. Der Schaden wäre groß, denn: Ein attraktives Freizeitangebot schützt am besten vor Verrohung, Kriminalität, Pornographie und Prostitution, Alkohol- und Drogenmissbrauch.

- Wir sind für eine reiche Jugendkultur, die individuelle Lebensstile befördert und Talente allseitig fördert. Staatliche Mittel dafür dürfen nicht gestrichen werden. Wir meinen, alternative Projekte - Kinderläden, Wohngemeinschaften, Jugendhäuser und sinnvolle Instandbesetzungen - sollte der Staat fördern.

- Wir wollen den neuen Risiken für Jugendliche aktiv begegnen. Darum bitten wir politisch, pädagogisch und wissenschaftlich Interessierte, Freizeitarbeiter und die es werden wollen, Lebenshilfe zu leisten. Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung und Beistand. Wir fordern schnelle und wirksame Bildungsangebote für Freizeitpädagogen und langfristig entsprechende Studienrichtungen.

- Wir stimmen für staatlich gestützten Jugendtourismus, internationalen Austausch und Jugendwerke.

Wir wollen, dass jeder Sport treiben kann, regelmäßig, um fit zu sein.

Voraussetzungen sind:

- Ein vielseitiges Sportangebot für alle.

- Unbürokratischer Zugang zum Freizeitsport.

- Talenteförderung bis zur Meisterschaft, uneingeschränkt und chancengleich bei gegebener Leistung. Teilnahme am internationalen Wettkampfsport.

Wir vertreten das Recht auf ein Leben in Frieden und gesunder Umwelt

- Wir wollen unser Territorium bis zum Jahr 2000 völlig entmilitarisieren und so ein Pilotprojekt in die Zukunft starten.

- Wir achten jede Arbeit für den Frieden. Ob junge Leute Armee- oder Zivildienst leisten, muss ihre freie Entscheidung sein.

- Wir sind für zwischenmenschliche Beziehungen und gesellschaftliche Strukturen, die Gewaltanwendung ausschließen. Wir brauchen mehr Zivilcourage und Konzepte gegen Nationalismus, Chauvinismus, Revanchismus, gegen Links- und Rechtsradikalismus aller Couleur.

- Wir wenden uns von keinem ab und helfen auch jenen, die zu links- oder rechtsextremem Denken neigen. Zu den Menschen verhalten wir uns tolerant, nicht zu inhumaner Ideologie.

- Beziehungen zur Jugend aller Länder, Besuche aller Zimmer im europäischen Haus sind friedensfördernd. Staatliche Jugendpolitik muss dafür Voraussetzungen schaffen.

- Wir gehen davon aus, dass junge Leute sensibel auf die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen reagieren. Wir begrüßen Angebote von Umweltinitiativen und -komitees, ökologisch aktiv zu werden. Junge Menschen brauchen Lebensstile, die sich nicht gegen die eigene Natur richten.

Linke Jugendarbeit - wie gehen wir sie an?

- Die Hauptsache miteinander reden. Die Vergangenheit beweist - nur Ehrlichkeit hat gute Chancen. Wir haben jungen Leuten etwas zu sagen, wenn wir zuhören können und uns nicht für unfehlbar halten.

- Wir wollen unseren Kindern Partner sein. Ohne vorgefertigte Wahrheiten geht es am besten. Jugendliche sollen sich eigene Urteile bilden.

- Jugendarbeit in den Kommunen ist praktische Arbeit. An ihr wird nicht zuletzt unsere Glaubwürdigkeit gemessen. Kinderfeste, Talks, Feten und Umweltaktionen finden Anklang. Spielplätze, die anregen, nicht langweilen, können interessierte Genossen zusammen mit Kindern, Eltern und Künstlern schaffen.

- Für die Zusammenarbeit mit linken demokratischen Jugendorganisationen, Antifagruppen sind wir offen.

- Wir öffnen Parteihäuser für junge, progressive Politiker, Sänger, Literaten, Musiker, Fotografen, Filmemacher und ihre Anhänger.

- Junge Genossen fordern wir auf, in linken demokratischen Organisationen ihren Interessen nachzugehen, dabei gewonnene Erfahrungen in die Parteiarbeit einzubringen.

- Wer jung ist und zum ersten Mal wählt, hat es wirklich nicht leicht. Junge Leute können sich bei der Vielzahl von Parteien und Vereinigungen oft gar nicht orientieren. Wir bieten Gespräche an, die Kenntnis und Überblick fördern. Junge Leute sollen sich demokratisch für die entscheiden, die ihre Interessen wahren.

- Wir stellen junge Kandidaten für die Volksvertretungen aller Ebenen auf, die im Leben stehen und vor allem für Jugendinteressen eintreten.

- Wir fordern junge Leute auf, in den Wahlvorständen und -kommissionen mitzuwirken und sich vom demokratischen Wahlverlauf zu überzeugen.

- Arbeitsgemeinschaften junger GenossInnen ermöglichen Mitsprache und Mitwirkung auf allen Politikfeldern: Sie sind dazu da, spezifische Interessen eigenständig durchzusetzen und offen für Sympathisanten und Mitglieder linker Jugendbewegungen.

Wir sind für die Bildung ehrenamtlicher Büros bei allen Vorständen, die die Arbeit koordinieren. Die Arbeitsgemeinschaften sind materiell zu unterstützen.

Linke Jugendarbeit - wie gehen wir sie an?

- Die Kommissionen Frauen-, Jugendpolitik und Sport bei den Vorständen bilden Arbeitskreise für Jugendarbeit. Sie sollen spezifische Positionen unserer Partei zur Jugendpolitik ausarbeiten und umsetzen und offen sein für alle Jugendprobleme und die an ihrer Lösung Interessierten. Jugend, Wirtschaft und Soziales, Bildung und Freizeit sind Felder, die differenziert zu bearbeiten sind. Dabei sichern wir uns fachliche Beratung.

- Wir fordern alle jungen GenossInnen auf: Nutzt die sich entwickelnden Partnerschaften und Verbindungen auf regionaler Ebene, um neue Bündnisse zu schließen. Es geht um ein breites Linksbündnis in Europa, nicht zuletzt, um Erfahrungen zu studieren, wie man in einer Marktwirtschaft für politische und soziale Rechte von Jugendlichen kämpft.

Δ nach oben