Metalljugend will Vielfalt in der Einheit

Jugendsprecher sollen sich in den Betrieben einmischen

Der außerordentliche Gewerkschaftskongress hat es beschlossen, nun muss es Realität werden: funktionierende Jugendstrukturen in den Industriegewerkschaften und Gewerkschaft. Die Vorreiterrolle spielt dabei die IG Metall, die damit beginnt, eine gewerkschaftliche Jugendarbeit zu organisieren. Über Ziele und Aufgaben sprachen wir mit Matthias Oertel vom Zentralvorstand der IG Metall.

• Warum wollt Ihr eine IG-Metall-Jugend aufbauen?

Im alten FDGB gab es keine wirklich gewerkschaftliche Jugendarbeit. Wir jungen Metaller wollen unsere Interessen selbst artikulieren und in die Arbeit der Gesamtorganisation einbringen. Sozusagen Vielfalt in der Einheit gestalten helfen. Heute müssen sich die jungen Kolleginnen und Kollegen selber helfen. Seit Dezember 1989 haben einige von uns in der Initiativgruppe Gewerkschaftsjugend mitgearbeitet.

• Was soll jetzt geschehen?

Die laufenden Gewerkschaftswahlen müssen genutzt werden um auch Jugendsprecher zu wählen. Die jungen Mitglieder haben die Pflicht, sich einzumischen.

• Junge Leute haben mitunter kaum noch Lust sich irgendwo zu engagieren. Ist das nicht eine Schwierigkeit?

Na klar. Massenaufnahmen in die Gewerkschaft wird es in Zukunft nicht mehr geben. Wir müssen also jeden einzelnen ganz individuell von der Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Jugendarbeit und von unseren ehrlichen Absichten überzeugen. Das wird ein langer, zäher Prozess. In die Gewerkschaftsjugend soll jeder seine Individualität einbringen können und die Kraft der solidarischen Gemeinschaft spüren.

• Sollten Jugendsprecher Mitglied der BGL sein?

Wir brauchen den nötigen Spielraum. Deshalb sollten die Jugendsprecher ernst zu nehmende Partner der BGL sein, ihr aber nicht angehören.

• Zu konkreten Sachen. Welche Probleme wollt ihr aufgreifen?

Das hängt natürlich immer von der konkreten Interessenlage der jungen Kolleginnen und Kollegen ab. Ich nenne mal einige Aufgaben: Mitbestimmung in allen die Ausbildung betreffenden Fragen, Erhöhung des Lehrlingsentgeltes um 100 Prozent nach Lehrjahren und Leistung gestaffelt, Facharbeiterlohn bei Facharbeiterleistung in der Spezialisierungsphase, Einbeziehung des Lehrlingsentgeltes in die Tarifverhandlungen und Erhöhung entsprechend Anhebung der niedrigsten Lohngruppe. Wir wollen uns auch um eine solidere Ausbildung kümmern, um die Modernisierung der Ausbildungsräume und Werkstätten, um niveauvolle und billige Wohnheimplätze, Chancengleichheit und um anderes. Wir treten für eine wachsende Kooperation mit der IG-Metall-Jugend der Bundesrepublik ein, werden uns an Betriebspartnerschaften beteiligen und gemeinsam Tage der offenen Tür mit der IG Metall (West) ausrichten. Wer Interesse hat, mitzumachen, kann sich bei der IG-Metall-Jugend melden; Fritz-Heckert-Straße 70, Berlin, 1026. Telefon: (...).

Notiert von Ingolf Kern

Tribüne, Do. 22.02.1990

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