Frauenrechte - wenn schon, dann leise

"Wir Frauen" (UFV/DFD) ist eine sehr kleine Fraktion in der Stadtbezirksversammlung von Berlin-Mitte, die praktisch nur über den Ausschuss für Gleichstellungsfragen die Chance hat, im Stadtbezirk wirksam zu werden. Als Abgeordnete machen wir dabei ständig die Erfahrung, dass die speziellen Probleme von Frauen weder vom Bezirksamt noch von der Stadtbezirksversammlung allzu ernst genommen werden.

So versuchten wir seit Monaten, die Einstellung einer Gleichstellungsbeauftragten durchzusetzen, zuletzt durch einen entsprechenden Antrag in der Stadtbezirksversammlung. In der Diskussion dazu zeigten sich die etablierten Parteien wieder von ihrer "besten" Seite. Die CDU plädierte dafür, zwar (als Alibi) die Gleichstellungsbeauftragte einzusetzen, ihr aber lediglich Beraterstatus ohne jegliche Kompetenzen zuzubilligen. Die SPD wollte wie so oft einer Entscheidung aus dem Wege gehen: Erst mal sei die Frage der Ausländer und Behinderten zu klären.

Vor allem meldeten sich Männer zu Wort, die offensichtlich ihre Machtpositionen - sei es als Bürger, Parteimitglied oder Bezirksstadtrat - gefährdet sahen. Der Grundtenor war stets, wenn schon Gleichstellungsbeauftragte (da vom Gesetz vorgesehen), dann aber bitte möglichst leise und ohne die gefestigten und bewährten Strukturen zu stören. Besonders betroffen machte, dass Frauen aus Parteidisziplin brav gegen ihre ureigenen Interessen (und die ihrer Wählerinnen) stimmten.

Dass die Angelegenheit mit allen Kompromissen doch noch ein relativ glückliches Ende fand, ist den Mehrheitsverhältnissen im Stadtbezirksparlament von Mitte zu verdanken.

Immerhin gibt es jetzt auch in Mitte eine Gleichstellungsbeauftragte - und viel zu tun für sie.

Andrea Rohde
UFV

PODIUM – die Seite der und für die BügerInnen-Bewegungen, Initiativen, und Minderheiten in der Berliner Zeitung, Mi. 29.08.1990, Jahrgang 46, Ausgabe 201


Unzufrieden mit Darstellung

Mit Erstaunen habe ich den Artikel "Frauenrechte - wenn schon, dann leise" in Ihrer Zeitung Nr. 201, Seite 13, vom 29. 8. 1990 gelesen. Dieser Beitrag ist tendenziös und bösartig und entspricht nicht der Wahrheit. Tatsache ist, dass sich die SPD-Fraktion der Stadtbezirksversammlung Berlin-Mitte seit jeher gemäß ihrem Wahlprogramm für die speziellen Probleme von Frauen einsetzt. Als einzige Partei geht die SPD in all ihren Entscheidungen von der Quotierung aus. Der Vorwurf, unsere Fraktion zeige sich an Gleichstellungsfragen uninteressiert, ist also blanker Unsinn. Weit über das Maß aller anderen Parteien hinaus, haben wir sogar neben einer Beauftragten für Gleichstellung auch je einen für Behinderte, Ausländer und Senioren gefordert. Im Unterschied zu Frau Rohde sehen wir SPD-Frauen unsere eigenen Probleme nicht als die einzigen wichtigen an. Wäre die Berufung einer Gleichstellungsbeauftragten das Verdienst von Frau Rohde, hätte der Leser mit großer Wahrscheinlichkeit erfahren, dass die Autorin selbst Mitglied des von ihr so vehement herabgesetzten Parlaments ist.

Solche Ausfälle können nur jenen nutzen, die einer ehrlichen Demokratisierung unseres Landes entgegenstehen.

Erika Lissau, SPD
stellv. Vors. des Gleichstellungsausschusses

PODIUM – die Seite der und für die BügerInnen-Bewegungen, Initiativen, und Minderheiten, in der Berliner Zeitung, Mi. 05.09.1990, Jahrgang 46, Nr. 207

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