Sa. 8. Dezember 1990

• • Pendeln zur Arbeit

    • Mehr als 3 000 Pendler aus den neuen Bundesländern, von denen einige auf dem Weg von und zur Arbeit bis zu fünf Stunden täglich mit dem Bus unterwegs sind, arbeiten derzeit beim Quelle-Versand in Fürth. Täglich würden sie in über 70 Bussen zur Arbeit und wieder nach Hause gefahren. Mit der Leistung der ostdeutschen Mitarbeiter sei man voll zufrieden.
      (ADN)
      (Neue Zeit, Sa. 08.12.1990)

  • Kurzarbeit in ostdeutschen Papierfabriken

    • Bonn (ADN). Die westdeutsche Papierindustrie wird dieses Jahr wahrscheinlich mit einem Produktionszuwachs von vier Prozent und einem Umsatzwachstum von drei Prozent abschließen. Dieser insgesamt positiven Entwicklung im Westen stehe eine tiefe Strukturkrise in Ostdeutschland gegenüber, erklärte der Präsident des Verbandes Deutscher Papierfabriken (VDP), Carl Ludwig Graf von Deym, vor kurzem in Bonn auf der Jahresmitgliederversammlung.

      Für die alte Bundesrepublik erwartet der Verband für 1990 eine Jahresproduktion von 11,8 Millionen Tonnen Papier, Karton und Pappe und einen Umsatz von 18,1 Milliarden DM.

      Die Papierfabriken in Ostdeutschland, die 1989 noch rund 600 800 Tonnen Zellstoff und 1,3 Millionen Tonnen Papier und Karton hergestellt hätten, seien zur Zeit nur zur Hälfte ausgelastet. Die Mehrzahl der 30 000 Beschäftigten arbeite kurz. Ein drastischer Abbau der Belegschaft und tiefgreifende Umstrukturierungsprozesse seien bei einer Arbeitsproduktivität von nur etwa 30 Prozent, verglichen mit der westdeutschen, nicht zu vermeiden.

      Der Papierverbrauch wird nach VDP-Angaben 1990 um neun Prozent auf 14,4 Millionen Tonnen steigen. Der Zuwachs entfalle zum größten Teil auf Papier für Zeitungen, Zeitschriften, Verpackungen und Hygiene-Artikel, die in die bisherige DDR geliefert wurden.
      (Neue Zeit, Sa. 08.12.1990)

  • Ungewissheit unter Strafvollzugsbediensteten

    • Fürstenwalde (lbg). Eine umgehende öffentliche Erklärung des Brandenburger Justizministers zur künftigen Anzahl von Plätzen in Haftanstalten und vorgesehenen Personalstärken fordert der Landesverband Brandenburg e. V. des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands, dessen Vorstand gemeinsam mit der Abteilung Justizvollzug der ÖTV in Rüdersdorf über die zugespitzte Situation im Strafvollzug beriet.

      Landesvorsitzender Willi Köbke erklärte, der Strafvollzug unterstehe noch bis Jahresende dem Innenministerium. Dann liege die Verantwortung beim Justizminister. Unter den knapp 1 500 Bediensteten herrsche "totale Ungewissheit", wie es ab 1. Januar weitergehe. Jetzt müssten von selten des Ministers schnellstens klare Aussagen auf den Tisch. Nur so kann eine aus der Unsicherheit resultierende Kündigungswelle verhindert werden, die den Strafvollzug lahmlegen würde.
      (Neue Zeit, Sa. 08.12.1990)

  • 2. Kongress "Verfassung für Deutschland"

    • Potsdam (adn) Mit der an die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder gerichteten Forderung, einen Verfassungsrat einzusetzen, ging am Sonnabend in Potsdam der 2. Kongress "Verfassung für Deutschland" zu Ende. Die rund 450 Teilnehmer verabschiedeten eine Erklärung. Sie lehnen darin die Schaffung einer Verfassungskornmission, der nur Vertreter des Bundestages und des Bundesrates angehören, ab. "Eine Kommission aus Parteipolitikern und Ministerialbeamten verzichtet auf unverzichtbare Erfahrungen in der Gesellschaft und gibt uns keine Chance, diese einzubringen", heißt es in dem Papier.

      Der Kongress trat für eine stärkere Einbeziehung der Öffentlichkeit in eine Verfassungsdiskussion ein. Ein Verfassungsrat müsse sich aus verschiedenen gesellschaftlichen Kräften zusammensetzen.

      Die Debatte wurde zum Teil kontrovers geführt. Mehrheitlich sprach sich der Kongress für "Bund Deutscher Länder" als Name Deutschlands aus. Bis Ende Februar soll ein Verfassungsentwurf vorliegen. Der 3. Kongress ist für den Frühsommer vorgesehen.

      Das Kuratorium geht auf die Arbeitsgemeinschaft Verfassung" des Runden Tisches zurück, die beauftragt war, eine neue Verfassung für die DDR auszuarbeiten. Nach der Ablehnung der Volkskammer, den Verfassungsentwurf zu beraten, und nach der Vereinigung beider deutscher Staaten richteten sich die Aktivitäten auf eine neue gesamtdeutsche Verfassung auf der Basis des Grundgesetzes und des Entwurfs vom Runden Tisch.
      (Der Morgen, Mo. 10.12.1990)

      Berlin (ND). Das Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder, das am Freitagabend in der Berliner Humboldt-Universität zu einer Mitgliederversammlung zusammentrat, führt heute in Potsdam eine Arbeitstagung durch. Wie Prof. Hans-Peter Schneider (Hannover) dazu in einem Pressegespräch erläuterte, geht es vor allem darum, eine gründliche Verfassungsdiskussion zu ermöglichen, damit die Bevölkerung in einem Volksentscheid über Bekanntes urteilen kann. Man dürfe die Ausarbeitung einer Verfassung nicht den Beamten überlassen. Zu der Tagung in Potsdam, in der konkrete verfassungsrechtliche Probleme behandelt werden sollen, haben sich rund 400 Teilnehmer aus ganz Deutschland angemeldet.
      (Neues Deutschland, Sa. 08.12.1990)

  • Beschäftigte aus Polen

    • Warschau (ADN/ND). Polnische Tagespendler, die in einem 50 Kilometer breiten Streifen entlang der Oder-Neiße-Grenze arbeiten, können entsprechend der deutschen Arbeitsmarktsituation weiter beschäftigt werden. Das sieht eine Vereinbarung vor, die Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und sein polnischer Amtskollege Jacek Kuron am Sonnabend in Warschau unterzeichneten. Danach dürfen auch jene rund 17 000 polnischen Arbeiter ihre Beschäftigung bis Ende 1991 fortsetzen, die auf der Grundlage von Außenhandelsabkommen der ehemaligen DDR im Rahmen von Firmenkooperationen in den fünf neuen Bundesländern tätig sind.

      Die Vereinbarung sieht weiter vor, dass polnische Saisonarbeiter ab kommendem Jahr in allen Wirtschaftsbereichen bis zu drei Monate pro Jahr arbeiten dürfen, wenn die Arbeitsämter Stellen vermitteln können. Mit dieser Maßnahme will man vor allem die Schwarzarbeit bekämpfen und den polnischen Arbeitnehmern den Erhalt der ihnen zustehenden Sozialleistungen sichern.

      Darüber hinaus wurde die Obergrenze für polnische Arbeitnehmer, die Werkverträge in Deutschland erfüllen, auf 35 170 festgesetzt. Außerdem sollen Studenten und junge Facharbeiter bis zum Alter von 35 Jahren in begrenzter Anzahl in Deutschland arbeiten dürfen, wenn es der Arbeitsmarkt erlaubt.

      Gleichzeitig unterzeichneten Blüm und Kuron ein Abkommen über soziale Sicherheit, das vor allem Fragen der Rentenzahlung betrifft. Danach tritt mit Beginn 1991 das sogenannte Exportprinzip in Kraft, demzufolge jeder Staat nur noch für jene Zeit Renten zahlt, für die der Arbeitnehmer dort gearbeitet und Beiträge abgeführt hat. Wohnt der Berechtigte mittlerweile im anderen Staat, wird ihm der Rentenanteil dorthin überwiesen. Außerdem wird der Krankenversicherungsschutz auf den Nachbarstaat erweitert. Sachleistungen und Krankengeld werden auch dann gewährt, wenn sich der Empfänger im anderen Land aufhält, wobei Familienangehörige einbezogen sind.
      (Neues Deutschland, Mo. 10.12.1990)

Eberswalde. ADN/BZ Der Gründungskongress eines "Deutschen Nationalen Völkischen Bundes" ist am Wochenende in Eberswalde durch ein starkes Polizeiaufgebot verhindert worden. Etwa 70 bis 80 Personen hatten in Gruppen und geschlossen mehrfach versucht, sich trotz Verbots in der brandenburgischen Kreisstadt zu treffen.
(Berliner Zeitung, Mo. 10.12.1990)

Berlin. ADN/BZ In feierlicher Form erfolgte am Wochenende in verschiedenen Tagungssorten die deutsche Vereinigung in zehn Sportarten. Im Boxen, Eissport, Handball, Volleyball, Radsport, Rugby, Kegeln, Billard, Fechten und Ringen traten die Sportverbände der neuen Bundesländer unter Einbeziehung von bewährten Vertretern den entsprechenden Bundesorganisationen bei. Probleme waren im allgemeinen schon vor den Festakten geklärt worden. Aus juristischen Gründen haben die aufgelösten DTSB-Verbände keine Rechtsnachfolger.

Überall wurden prominente Ehrengäste begrüßt. So weilte beispielsweise der Präsident des Deutschen Sportbundes, Hans Hansen, bei den Radsportlern in Leipzig. Dort war 1884 der erste Radfahrerbund gegründet worden. Einige der Weltmeister und Olympiasieger, die Radsportgeschichte mitgeschrieben haben, waren anwesend: "Täve" Schur, Rolf Wolfshohl, Ernst Ihbe, Thomas Huschke und Lothar Thoms. Als "Radsportler des Jahres 1990" feierlich ausgezeichnet wurde Olaf Ludwig.

In Berlin wuchs der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) um 77 000 auf 460 000 Aktive. Und der größte nationale Handball- Verband der Welt mit insgesamt etwa 900 000 Mitgliedern wurde im Silbersaal der Dortmunder Westfalenhalle aus der Taufe gehoben.
(Berliner Zeitung, Mo. 10.12.1990)

Der Kulturbund e. V. Veranstaltet in Berlin den 1. Deutschen Kulturtag.

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