Fr. 16. November 1990

• • Protest bei der Maxhütte Unterwellenborn

    • Unterwellenborn (AMD) Mit Arbeitskampfmaßnahmen hat die IG Metall in der Maxhütte Unterwellenborn GmbH gegen eine etwaige "Rosinenpolitik" der Treuhand gedroht. Auf einer Protestversammlung lasteten Gewerkschaft und Betriebsrat am Freitag der Treuhand an, sie wolle wettbewerbsfähige Betriebsteile des Hüttenwerks in Unterwellenborn "für 'n Appel und 'n Ei verhökern". Der Stahlstandort Unterwellenborn werde unter dem Druck der großen Konzerne der Stahlindustrie, die jetzt „zum Angriff blasen", damit zum Sterben verurteilt.

      Ausgelöst wurde die Protestaktion durch entsprechende Informationen, denen zufolge bei der Treuhand westdeutsche Firmen Interesse am Erwerb bestimmter Teilstücke der Maxhütte Unterwellenborn angemeldet haben sollen. Unter diesen "Bewerbern" soll sieh auch die erst am 1. Juli dieses Jahres aus einem vorangegangenen Konkurs wieder neu gestartete "Neue Maxhütte GmbH" in Sulzbach-Rosenberg befinden, die vor allem an dem modernen Formstahlwerk in Unterwellenborn interessiert sein soll.

      In einer bislang schon von fast zwei Drittel der rund 5 000 Beschäftigten unterzeichneten Protestresolution wird an die "politisch Verantwortlichen in Land und Kreis" appelliert, der Politik, "Filetstücke" des Unternehmens zu veräußern, Einhalt zu gebieten. Gleichzeitig wird verlangt, durch Bereitstellung von Investitionen die eigenständige Vormaterialproduktion zu sichern.
      (Tribüne, Mo. 19.11.1990)

  • Initiative gegen Berufsverbote

    • Berlin. ADN/BZ Eine "Initiative gegen Berufsverbote" hat sich diese Woche in Berlin konstituiert. In den neuen Bundesländern breiteten sich Berufsverbote und politische Ausgrenzungen aus, die vor allem Lehrer, Angestellte des öffentlichen Dienstes, Richter und Staatsanwälte, Diplomaten, Polizisten und Armeeangehörige beträfen, heißt es in der Gründungserklärung. Das Kontaktbüro der Initiative befindet sich in der Berliner Oberwasserstraße 12 und ist ab 19. November geöffnet.
      (Berliner Zeitung, Fr. 16.11.1990)

      Berlin (ADN). Eine "Initiative gegen Berufsverbote" hat sich in Berlin konstituiert. In den neuen Bundesländern breiteten sich Berufsverbote und politische Ausgrenzungen aus, die vor allem Lehrer, Angestellte des öffentlichen Dienstes, Richter und Staatsanwälte, Diplomaten, Polizisten und Armeeangehörige beträfen, heißt es in der Gründungserklärung. Diese "Berufsverbote" seien ein Verstoß gegen Völkerrecht und Grundgesetz, denen zufolge jede Unterscheidung, Ausschließung oder Bevorzugung aufgrund einer politischer Meinung verboten sind.

      Die Initiative habe sich zur Aufgabe gestellt, für die von Berufsverbotenen Betroffenen und Bedrohten Rechtsberatung und Rechtsbeistand zu vermitteln. Jene, die Verletzungen der Menschenrechte unter dem SED-Regime begingen, dürften ihren Beruf zu Recht nicht mehr ausüben.

      Das Kontaktbüro der Initiative befindet sich in der Berliner Oberwasserstraße 12 und ist ab 19. November geöffnet.
      (Neues Deutschland, Fr. 16.11.1990)

  • Initiative Hauptstadt Berlin e. V. gegründet

    • Eine "Initiative Hauptstadt Berlin e. V." wurde gestern von Politikern, Vertretern der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens in Berlin gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören z. B. Knut Herbst, Vorsitzender des Ausschusses Einheit Berlin in der Stadtverordnetenversammlung, und Hans Eggert, Chefredakteur der Berliner Zeitung. Durch gezielte Werbekampagnen will die Initiative erreichen, dass die Meinung von Bevölkerung und Politikern in der Frage Parlaments-und Regierungssitz pro Berlin ausschlägt. "Zum einen wollen wir Aggressionen, die sich in den neuen Bundesländern in der Vergangenheit gegen Berlin angestaut haben, abbauen. Andererseits sollen die Menschen dort erkennen, dass der wirtschaftliche Aufschwung ihrer Heimat entscheidend davon abhängt, ob Berlin Regierungssitz wird oder nicht", erklärte Knut Herbst gestern vor der Presse. Das Argument, dass man unter dem starken Druck der Straße, der in Berlin besonders groß ist, keine Regierungsarbeit leisten könne, lehnen die Initiativmitglieder ab.

      Die Initiative, die Partei übergreifend und unabhängig jeglichen Wahlkampfes arbeitet, finanziert sich vorwiegend aus Spenden. Mitglied kann jeder werden, der etwas für Berlin tun will. Der monatliche Mitgliedsbeitrag beträgt fünf Mark. Da von Berlin-Gegnern immer wieder die Frage der Finanzen in den Vordergrund gestellt wurde, haben die Gründungsmitglieder auch dafür Argumente parat. Die Berlin-Hilfe der Bundesregierung beträgt jährlich 14 Milliarden Mark. Für den Umzug würde man jährlich nur eine "lächerliche" Milliarde brauchen. Letztendlich hänge das Wohl und Wehe der neuen Bundesländer von der Frage des Regierungssitzes ab. Es gäbe keine billigere und effizientere Aufbauhilfe für das frühere Ostdeutschland als die Ausstattung Berlins mit Regierungsaufgaben.
      Marion Zinke
      (Junge Welt, Sa. 17.11.1990)

Bonn. BZ Die SPD hat am Freitag in Bonn schnell wirksame Anreize für arbeitsplatzschaffende Investitionen westdeutscher Unternehmen in der ehemaligen DDR vorgeschlagen. Danach sollte Bonn für alle gewerblichen Investitionen in den neuen Bundesländern etwa fünf Jahre lang Sonderabschreibungen in Höhe von 75 Prozent gewahren, Nach Meinung des SPD-Wirtschaftsexperten Wolfgang Roth wäre dies ein geeignetes Instrument, die Kapitalströme in den Osten zu lenken.
(Berliner Zeitung, Sa. 17.11.1990)

Hamburg. (dpa/BZ) ARD und ZDF werden nach den Worten des Intendanten des Deutschen Fernsehfunks (DFF), Michael Albrecht, schon am Abend der Bundestagswahl auf eigenen Senderketten in der Ex-DDR flächendeckend senden. Wie er dem "Hamburger Abendblatt" sagte, sei dies das Ergebnis der Beratungen der Ministerpräsidenten der fünf neuen Länder. Die ARD erhalte die Senderkette des Programms von DFF. Das ZDF bekäme zusätzliche Sender, um das gesamte Neugebiet zu erreichen. DFF biete dann nur noch ein drittes TV-Programm für die fünf Länder an. Von den noch 5 000 DFF-Mitarbeitern müssen bis Mitte 1991 mindestens 1 500 entlassen werden.
(Berliner Zeitung, Sa. 17.11.1990)

Auf der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Berlin, bisher Westberlin, wird ihr Geltungsbereich auf ganz Berlin ausgedehnt.

Die "Initiative Hauptstadt Berlin e. V." wird ins Leben gerufen. Sie will für Berlin als Parlaments- und Regierungssitz werben.

Gregor Gysi tritt bei einer Wahlkampfveranstaltung der PDS in Rostock auf.

Auf einer Wahlkampfveranstaltung der SPD in Ludwigsfelde tritt der Parteivorsitzende Hans-Jochen Vogel auf. Am Vormittag besuchte er das dortige IFA-Automobilwerk. Auch im Güstrower Schloss führt die SPD einen Wahlkampfveranstaltung durch.

Auf dem Marktplatz in Güstrow tritt Bundeskanzler Helmut Kohl auf einer Wahlkampfveranstaltung auf. Wobei er sich nicht nehmen lässt zu sagen, Freiheit sei auch immer die Freiheit der Andersdenkenden.

Der Botschafter des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland in Bonn übergibt die Ratifizierungsurkunde des Zwei-plus-vier-Vertrages.

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