DDR 1989/90Brandenburger Tor

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13.12. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag wird in der französischen nationalversammlung ratifiziert

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15.12. In den Deutschen Sportbund werden die Landesverbände Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufgenommen

15.12. Der Jugendherbergs-Hauptverbandes löst sich zum 31.12.1990 auf

22.12. Der Aufenthalts- und Abzugsvertrag der sowjetischen Streitkräfte aus der BRD sowie der Überleitungsvertrag tritt in Kraft


Mi. 19. Dezember 1990


Berlin (ND-Jäger, Jordan, Köhler). Gegen die Entscheidungen von Landesregierungen zur "Abwicklung" von Bildungseinrichtungen setzten sich auch am Mittwoch Studenten und Wissenschaftler in mehreren Städten der Ex-DDR zur Wehr. So blockierten in Leipzig seit dem frühen Morgen hunderte Studenten Zugänge zum Komplex der Karl-Marx-Universität. Wie ein Sprecher des KMU-Studentenrates betonte, sei von der Leitung der Universität kein Zeichen des Entgegenkommens in den Hauptforderungen gegeben worden. Die Studenten verlangten u.a., dass der Rektor gegen den Abwicklungsbeschluss der CDU-Landesregierung eine Verwaltungsklage einreicht. Da diese Erwartungen nicht erfüllt sind, forderte man den Rücktritt des Rektoratskollegiums.

Bereits seit Dienstag befanden sich im Hauptgebäude der Universität Rostock zehn Studenten der Sektion Lateinamerikawissenschaften im Hungerstreik. Die Sektion gehört zu den von "Abwicklung" bedrohten Bereichen der Universität. Neben einer Absage an diese Pläne forderten die jungen Leute die Durchsetzung des Gleichheitsprinzips nach Artikel 3 des Grundgesetzes.

Wie Sven Meister vom Studentenrat betonte, gehe es den Studenten nicht schlechthin um spektakuläre Maßnahmen. Vielmehr wollten sie auf ihre miserable Lage aufmerksam machen. Wie im Laufe des Tages verlautete, habe der Rektor der Uni aus Schwerin das Signal erhalten, zur Aufrechterhaltung des Lehrbetriebes mit den Lehrkräften unbefristete Verträge abzuschließen. Die Studenten brachen daraufhin am Mittwochabend den Hungerstreik ab, wenngleich sie ihre Forderungen nur zum Teil erfüllt sehen.

Gegen die vom Berliner Senat am Dienstag beschlossene "Abwicklung" der Hochschule für Ökonomie legten Konzil, Vollversammlung und Studentenparlament der Einrichtung Protest ein. Die Entscheidung sei entgegen der im Einigungsvertrag vorgesehenen Begutachtung durch den Wissenschaftsrat ergangen, heißt es in einer Presseerklärung der Hochschule. Dem Beschluss lägen keine konkreten Konzeptionen zur Umstrukturierung zugrunde. "Damit besteht die akute Gefahr, dass Wissenschaftler und Studenten auf der Strecke bleiben."

Von Studenten besetzt wurde am Mittwoch, das Foyer der Berliner Humboldt-Universität. Für den heutigen Donnerstag [20.12.] wurden von Studentenvertretern Straßenblockaden in Hochschulstädten angekündigt. In Berlin wollen Studenten zu einer Protestaktion vor der Marienkirche zusammenkommen, in der um 9 Uhr ein Gottesdienst vor der Konstituierung des neuen Bundestages stattfindet.
(Neues Deutschland, Do. 20.12.1990)

JW. Ab 6.30 Uhr blockierten gestern die Studenten der KMU die Eingänge der Universität Leipzig. Ausgangspunkt für die Lahmlegung des Lehrbetriebes ist die Rückratlosigkeit des amtierenden Rektorats, Autonomie zu beweisen und Selbstbestimmung einzufordern. "Wir wollen bei der Uni-Leitung eine Verwaltungsgerichtsklage durchsetzen, um dann die schonungslose Selbstevaluierung der Uni mit personellen Konsequenzen durchführen zu können, erklärte gegenüber JW Peer Pasternak, Sprecher des KMU-Studentenrates. "Sonst kommen wir noch Überwindung der einen Einseitigkeit, nämlich der roten, zur nächsten Einseitigkeit: der schwarzen."

Mindestens vier Studenten sind heute morgen in der Rektorenetage in den Hungerstreik getreten. "Wir streiken, bis ein annehmbarer Kompromiss erreicht ist, so die Studentin Kathrin Karsten. Die Studenten erheben Einspruch dagegen, dass der Artikel 13 des Einigungsvertrages außer acht gelassen wurde, nach dem Fachbereiche und Unis mit länderübergreifender Bedeutung nicht abgewickelt werden dürfen.

Auch die Berliner Humboldt-Uni wurde gestern besetzt. Der Studentenrat kämpft um den Erhalt der gefährdeten Fachbereiche Wirtschafts-, Erziehungs- und Rechtswissenschaft, Philosophie und Geschichte. Rektor Fink: "Wir wollen die Autonomie der Uni, die uns natürlich zur Erneuerung verpflichtet. Die Aktivität der Professoren ist noch gering. Die Studenten retten mit ihren Aktionen die Ehre der Uni!" Eingeschneite Zelte einer Studentenmahnwache empfingen die zur Kabinettssitzung zusammengetretene Landesregierung in Schwerin. Anlässlich dieser Beratung unterbrachen an der Uni Rostock zehn Studenten ihren am Dienstag begonnenen Hungerstreik. Um den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten, können mit den Lehrkräften unbefristete Verträge abgeschlossen werden, erklärte der Pressesprecher der Alma mater.
(Junge Welt, Do. 20.12.1990)

Nach Angaben der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke steht den Haushalten in den neuen Bundesländern eine Verdreifachung des Strompreises ins Haus.

Die Zeitung "Der Morgen" berichtet, der bundesdeutsche Verfassungsschutz kennt Namen und Einsatzort aller ehemaligen Stasi-Offiziere bereits seit dem Frühjahr.

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